Es kann sehr fesselnd sein, in der Rolle eines Angreifers in fremde IT-Systeme einzudringen. Als Penetrationstester sollte dabei jedoch nie das eigentliche Ziel aus den Augen verloren werden: die Identifikation aller Einstiegspunkte bzw. Sicherheitslücken in einem Zielsystem. Die Liste von Schwachstellen kann sehr lang und unübersichtlich werden. Um einem Auftraggeber aber mitzuteilen, welche Schwachstellen zuerst adressiert bzw. behoben werden sollten, müssen die ermittelten Schwachstellen nach ihrem Risiko geordnet werden.
Grundsätzlich kann das Risiko einer Schwachstelle über zwei verschiedene Arten dargestellt werden. So kann entweder ein konkreter Zahlenwert ermittelt (bspw. 1.034,99 Euro) werden oder eine Aussage über die Schwere des Risikos getroffen (wie gering, mittel, hoch) werden. Der konkrete Zahlenwert ist das Ergebnis einer quantitativen Risikoanalyse. Diese eignet sich beispielsweise zur Bestimmung des Risikos eines Festplattenausfalls, da Festplatten einen konkreten Preis und eine durchschnittliche Lebensdauer haben. Im Gegensatz dazu liegen einem Pentester bei Schwachstellen von IT-Systemen normalerweise nicht genug Informationen dieser Art vor, sodass diese Form der Risikoanalyse nicht empfehlenswert ist. Stattdessen kann aber eine qualitative Risikoanalyse vorgenommen werden, da immer Aussagen über die Eintrittswahrscheinlichkeit und das mögliche Schadensausmaß einer Schwachstelle getroffen und somit die Schwere des Risikos abgeschätzt werden kann. Wie bei einer Schätzung üblich, werden verschiedene Pentester zu unterschiedlichen Risikobewertungen gelangen, da ihre Wahrnehmung und Erfahrungen uneinheitlich sind – selbst, wenn sie sich auf dasselbe Bewertungsschema beziehen.
Jedoch benötigen gerade regulatorische Stellen wie das Regierungspräsidium Darmstadt ein einheitliches System, da sie konkrete Anforderungen und Maßnahmen definieren müssen. Infolgedessen fordern sie von Pentestern eine Risikobewertung nach dem Common Vulnerability Scoring System (CVSS) durchzuführen. Bei diesem handelt es sich um ein metrisches Bewertungsschema, welches einer Schwachstelle eine Punktzahl bzw. einen Score zwischen 0 und 10 zuweist – je höher der Score desto gravierender ist das Risiko einer Schwachstelle. Auch wenn das Risiko einer Schwachstelle beim CVSS anhand einer Vielzahl von Parametern berechnet wird (s. https://www.first.org/cvss/calculator/3.1), liegen Kenngrößen wie die Auswirkung einer erfolgreich ausgenutzten Schwachstelle auf die Integrität im Ermessen der Pentester. Somit können Risikoangaben wie der CVSS Score einem Auftraggeber zwar als Richtwert dienen, jedoch sollte intern immer eine eigene Schwachstellenbewertung vorgenommen werden.